Warum der Brexit für mich ein Anlass ist, über Aufschieberitis in unseren Projekten nachzudenken

31.01.2020…Der Tag, auf den viele sehnsüchtigst gewartet haben, ist da.

Jedenfalls gehe ich jetzt, am Abend des 30.01, wenn ich diesen Artikel schreibe, noch davon aus.Was weiß man schon, es gab ja schon die verrücktesten Wendungen in dieser Sache.Ich will hier auch gar keine inhaltliche, politische Meinung zum Brexit loswerden, mir geht es um die Beobachtung der Methodik und den Vergleich mit unseren Projekten. Denn egal, wie die eigentliche Meinung zum Brexit ist, am Ende war doch wirklich jeder genervt von dem ewigen Hin-und Her und der konsequenten Entscheidungsvermeidung. Man könnte sagen, der Brexit litt an akuter Aufschieberitis.


Hilfe, mein Projekt hat Aufschieberitis!

Und da bin ich wieder beim Projektmanagement. Auch bei unseren Projekten gibt es dieses Krankheitsbild, was sich gern und Diagnose erschwerender Weise, mit vielen verschiedenen fiesen Symptomen zeigt.

Hier fünf der beliebtesten Kandidaten:


Das “Meister der Ausreden“ Symptom

Wie heißt es so schön? “Wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege.” Ich denke, der Satz sagt schon alles, die persönliche Motivation, die Überzeugung, dass ich etwas tun will, fehlt und dann liegt es nahe, nach Gründen fürs Liegenlassen zu suchen.


Das “Erbsenzähler“ Symptom

Netter gesagt, könnte man auch vom Perfektionisten Symptom sprechen, es kommt aber auf das Selbe raus. Wir wollen alles super genau machen und noch gefährlicher, super exakt planen und auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und bleiben deshalb ewig in der Planungsphase stecken.


Das „Glaskugel-Gucker“ Symptom

Ähnlich wie der Erbsenzähler, verplempert der Glaskugel-Gucker viel zu viel Zeit mit Planung, frei nach dem Motto “Was lange plant, wird gut.”Auch hier fällt mir ein Sprichwort ein “Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von Deinen Plänen.”


Das “Chaoten“ Symptom

Dieses Symptom ist ziemlich gemein, da es uns erwischt, wenn wir schon in der Umsetzung stecken. So wie eine blöde Erkältung, die dann kommt, wenn der Winter schon fast vorbei ist.Weil wir kein System und keine Struktur in unserem Projekt haben, verlieren wir den Überblick und die Motivation. Auch wenn wir eigentlich aktiv sind, fehlen die Ergebnisse und das zieht uns runter.


Das “Jongleur“ Symptom

Kannst Du Dir so einen richtig guten Jongleur im Zirkus vorstellen? 5 Bälle fliegen gleichzeitig durch die Luft, ein Reifen kreist um die Hüften und der Mund hält einen Stab mit einem Feuerring, Toll, wer das kann, aber mal ehrlich, die meisten von uns, müssten da die Segel streichen.Komischerweise versuchen wir es im Projekt immer gern, 1000 Dinge auf einmal zu tun…nur leider nicht so koordiniert wie unser Held aus dem Zirkus. Damit werden wir nicht schneller, sondern viel langsamer oder kommen gar nicht erst zum Ziel.


Die Medizin…zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker 😉

Na schön, aber wie kann man solchen Symptomen den Kampf ansagen oder sie noch besser gar nicht erst aufkommen lassen. Gibt es eine wirksame Impfung dagegen?
Ich würde an dieser Stelle das Ausprobieren einer agilen Methode, z.B. Scrum empfehlen.Du kannst sie einfach in verschiedensten Projekten einsetzen. Scrum gibt Dir eine klare Struktur vor und hilft Dir dabei, Dich auf das momentan Wesentliche zu konzentrieren.


Und so wirkt Scrum gegen die beschriebenen Symptome:


Meister der Ausreden

Du überlegst Dir für Dein Produkt/Projekt eine Vision…eine eher noch grobe Idee von dem, was Du erreichen willst. Es kommt nicht auf Details an, sondern darauf, dass Du ein Ziel mit seinen besonderen Highlights vor Augen hast.Wenn Du Dir z.B. ein Haus, was Du bauen willst, vorstellst, dann siehst Du nicht jedes Fenster und jede Tür, aber Du siehst z.B. einen Raum mit großen Fenstern und lichtdurchfluteten Zimmern. Mit dieser Vision vor Augen, fällt es Dir viel leichter, Dich zu motivieren.


Erbsenzähler

Hier hilft Dir Scrum mit dem Prinzip, immer erst die Dinge, die Du als nächstes Tun willst, detaillierter zu planen. Du unterteilst Dein Gesamtprojekt in mehrere kleine Schritte und bringst sie schon mal in eine ungefähre Reihenfolge. Einiges ergibt sich aus technischer Notwendigkeit, anderes aus Kosten-Nutzen- Abwägungen. Je näher der Schritt, desto detaillierter planst Du. So vermeidest Du es, Dir am Anfang zu viel Gedanken um Details zu machen, die viel später relevant werden.Um beim Beispiel Haus zu bleiben, weißt Du am Anfang im etwa die Reihenfolge der Gewerke und je weiter der Fortschritt, auch irgendwann die Woche(n), wenn z.B. der Fensterbauer kommt. Kurz vorher planst Du dann genau an welchen Tagen er da sein wird und dass Du am Mittwoch um 10 Uhr einen Baustellentermin mit ihm hast.


Glaskugelgucker

Wie schon erwähnt ist dieses Symptom mit dem Erbsenzähler verwandt, insofern helfen auch die gleichen Gegenmittel. Scrum arbeitet mit Grundsatz “Je länger der Zeitraum, desto unsicherer die Planung, je kürzer der Zeitraum, desto sicherer”. Klar, zwei Wochen vorher weiß ich sicher, dass der Rohbau fertig ist und der Fensterbauer tatsächlich Fenster einsetzen kann.


Chaoten

Auch hier hilft uns das strukturierte Vorgehen von Scrum. Kurze Arbeitszyklen, regelmäßige Meetings mit konkreten Zielsetzungen, Abschluss der Arbeitszyklen mit konkreten Ergebnis und angepasste Planung des nächsten Zeitabschnitts mit Reflexion auf das bisher Erreichte.


Jongleur

Die Idee in Scrum ist, sich nur so viele Aufgaben in den nächsten Sprint zu packen, wie man umsetzen kann. Natürlich beruht das auf Annahmen und je länger Du mit dem System arbeitest, desto besser werden Deine Schätzungen. Aber auch wenn Du Dich am Anfang verschätzt, so hast Du auf jeden Fall nur einen Bruchteil der Aufgaben, die Du insgesamt für Dein Projekt erledigen musst, auf der aktuellen ToDo Liste. Zusätzlich gibt es noch die “WiP”-Technik, was “Work in Progress” bedeutet und eigentlich aus Kanban kommt, einer anderen agilen Methode. Du kannst sie aber gut zusammen mit Scrum anwenden. Das Prinzip ist ganz einfach: Es dürfen immer nur x…z.B. 3 Aufgaben gleichzeitig in Bearbeitung sein, was verhindern soll, dass man sich verzettelt.


Let’s try Scrum!

Du siehst, Scrum kann eine super Methode sein, um Deine Projekte nicht an Aufschieberitis erkranken zu lassen. Vielleicht hast Du Lust es mal auszuprobieren und erklärst den heutigen Tag zu Deinem Projekt-Aufschieberitis-Brexit.


Wenn Du mehr darüber erfahren willst, wie Du ganz einfach Dein erstes agiles Projekt startest, dann klicke hier.
Kennst Du auch diese Symptome in Deinen Projekten und wie gehst Du ihnen an den Kragen? Ich freue mich über Deine Kommentare!


Herzliche Grüße aus Frankfurt

Silvia Scharbert

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